Tandava (Shivatanz)

Eine Tanz- und Bewegungsmeditation, die sich aus der Stille und der Wahrnehmung des eigenen Ist-Zustandes heraus aufbaut und dabei einen besonderen Fokus auf die eigene Atmung hat. In Verbindung mit dem Atemfluss gibt der Meditierende sich die Erlaubnis, dass im Körper Bewegung entsteht. Die Atemwelle überträgt sich gewissermassen auf den Körper, der mit der Zeit immer mehr in Bewegung kommt, wobei die im Körper sich fortpflanzenden Bewegungswellen je nach persönlicher Durchlässigkeit sich in alle Bereiche des physischen Körpers und mit der Zeit auch über diesen hinaus fortpflanzen können. Die Übung beginnt im Sitzen, wobei dies nicht unbedingt bedeuten muss, auf dem Boden sitzen zu beginnen. Wer besser auf einem Hocker sitzt, sollte diesen als Ausgangsposition wählen. Wichtig ist für die gewählte Sitzposition, dass Becken und Wirbelsäule freies Spiel haben, um die Bewegung sich immer weiter und in alle Winkel des Körpers ausbreiten lassen zu können. Im Verlauf der unterschiedlichen Meditationsphasen wechselt die Meditierende aus der sitzenden auch in eine stehende Position, wobei der bewegte Teil seinen Abschluss wieder in einer sitzenden Haltung mit aufrechter Wirbelsäule und in absoluter Stille findet. Musik unterstützt den Prozess, wobei die Meditation in der Natur (Wind, Wasser, Pflanzen) oder auch im Hinspüren zu den eigenen inneren Schwingungen, der eigenen inneren Musik, ebenso möglich ist. Die Teilnahme an einer Tandava verlangt keine Vorkenntnisse oder besondere körperliche Voraussetzungen. Und wie bei allen Meditaionen gilt - je mehr Praxis um so tiefer erschliesst sich das Potential der Meditation.

Daniel Odier hat in seiner Lehre für dieses Meditationskonzept den Begriff „Tandava“ oder auch „Shivatanz“ geprägt. Er beruft sich dabei auf eine Übermittlung durch seine Meisterin, die Yogini Lalita Devi, deren Praxis in der Kaula-Tradition des kaschmirischen Tantrismus wurzelt. In Odiers Anleitung besteht diese Meditation aus drei Phasen. In der ersten geht es darum, dass der Körper den Raum mit einer freien und absichtlosen Bewegung ausfüllt, die mit einer speziellen Bauchatmung verbunden ist. In seiner Seminaranleitung schreibt Odier dazu weiter: „Während der zweiten Phase lässt der Yogin seine Arme den ihn umgebenden sphärischen Raum entdecken; der äusserst geschmeidige Körper nimmt voll und ganz an dieser Entdeckungsreise teil. In der dritten Phase erhebt sich der Yogin und beginnt mit dem heiligen Shiva-Tanz, unter dem Namen Tandava bekannt. Es ist ein freier, extrem langsamer Tanz, bei dem sich die Bewegung nach und nach von aller Muskelanspannung und jeglichem Willensakt befreit. Der Yogin entdeckt so seine ursprüngliche räumliche Freiheit, auf der die gesamte tantrische Vorgehensweise beruht. Es ist eine Disziplin, die gleichzeitig leicht zu verstehen und schwierig zu beherrschen ist, denn sie führt die Räumlichkeit auf drei Ebenen ein: Körper, Geist und Emotion.“ Odier lehrt die Tandava auch als Vorbereitung für die Praxis der kaschmirischen Tantramassage, bei der sowohl Körper- wie Geisteshaltung, als auch die Verbindung zum eigenen Atemfluss wie in der Tandava-Meditation sind.