Tantra Gurus ...

(Gedankenanregungen von Matthias Govinda zum Thema einer Annäherung an Lehrer und Methoden)

Unter einem Guru verstehe ich einen Lehrer, der mich dort, wo ich mich aktuell in meinem Leben befinde, ein Stück des Weges begleiten kann. Für diese Fähigkeit ist Voraussetzung, dass der Guru die Herausforderungen, die ich konfrontiere bzw. denen ich zu begegnen habe, aus eigener Erfahrung kennt und ihnen selber angstfrei entgegentreten kann. Ein Guru, der dafür einen schwierigen Weg nicht selber gegangen ist, kann niemanden auf einer schwierigen Wegstrecke führen.

Wo finde ich einen Guru? Den wenigsten Menschen ist es vergönnt, einen anderen Menschen als Guru zu finden. Durch eine Anhäufung von Literatur über Gurus in Indien, Tibet, Peru oder anderen fernen Gegenden dieser Welt wird oftmals vermutet, dort würden die Gurus leben. Und so einen Menschen in einem dieser Länder zu finden würde eine Lösung für die aktuelle Lebenssituation bringen. Mit dieser Vorstellung wird einer Lösung der eigenen Probleme meist nur geschickt ausgewichen. Denn es sprechen viele Gründe im Alltag dagegen, sich auf den Weg nach Indien zu machen. Arbeit, Familie, Beziehungen und jede Menge Sachzwänge sind zu überwinden. Und zur Beruhigung von einem selbst kann sich selbst versichert werden, dass es jetzt wirklich noch nicht an der Zeit sei. Indien, Peru oder der Himalaya sind ein gutes Argument zum Aufschub. Wer sich ganz sicher wäre, dass der Guru in diesen fernen Ländern zu finden ist, würde augenblicklich alles niederlegen und sich auf die Reise begeben. Dass der Guru meist sehr nahe ist wird gerne übersehen, was ja auch bequemer ist, um am eigenen Status quo möglichst wenig zu ändern.

Grundsätzlich gilt: Jeder Mensch auf dieser Welt kann ein Guru sein. Um ihn zu finden braucht es in den seltensten Fällen langer Reisewege.

Bleibt die Frage, wie finde ich meinen Guru?

Auf der Suche nach dem Guru unterstützen Klarheit und Konzentration, sich nicht ablenken zu lassen. Ich bin immer wieder auf Menschen getroffen, die sich als Lehrer ausgegeben haben, sich aber gleichzeitig versteckten, um nicht zu zeigen, wo sie selber eigentlich stehen. Bei diesem bewussten oder oftmals auch unbewussten Versuch, die suchende Person zu beeindrucken, werden diese Art von Lehrern durch eine ganze Reihe von gesellschaftlich anerkannten Modelle unterstützt, die wir Suchende oftmals unbewusst als Qualitätsmerkmal anerkennen, ohne sie zu hinterfragen. Wir ersparen uns auf diese Weise, selber genau hinzugucken und zu prüfen. Bevorzugte Stilmittel, um sich zu verstecken und andere zu blenden, sind:

  • Methoden wie z.B. Therapieformen oder Glaubensrichtungen
  • Schlagworte, die nicht gefüllt werden, wie z.B. “Tantra” oder “Yoga”
  • ein umfangreiches Curriculum, welches nichts über den Menschen selber sagt
  • Titel und Zertifikate (Doktor, Psychologe, Wissenschaftler)
  • die Mitgliedschaft in Verbänden

Unterstützend zur Verbreitung, Imagepflege und der besseren Marktpräsenz sind

  • Medien (Bücher, CDs, DVDs)
  • wirksam in Szene gesetzte Auftritte in der Öffentlichkeit

Alle genannten Elemente können dazu dienen, die Schwächen eines Lehrers zu vertuschen.

Es gibt eine einfache Methode auf der Suche nach dem Lehrer: Das ist der Blick in die Augen des Menschen. Ein Guru, der sich nicht in die Augen schauen lässt und sich auf (s)einem Podest verschanzt, wird in die Abhängigkeit seiner Methode bzw. seiner selbst führen. Und: ein wahrer Lehrer nimmt mich an wie ich bin. Sie oder er wird mir niemals sagen, dass ich mich verändern sollte. Sie oder er wird keinerlei Versprechungen machen. Und es spielt keine Rolle, welche Methode sie oder er vertritt, ob und welche Titel vorhanden sind, wie lang das Curriculum ist und wie viele Bücher sie oder er schon geschrieben hat. Die Kriterien für einen Meister sind allein durch seine persönliche und menschliche Reife und Erfahrung gegeben und nicht durch das, wodurch er sich schmückt.

Die beste Vorbereitung den Guru zu finden, der mich da, wo ich gerade stehe, weiterführen kann ist die Sinne zu schärfen, ganz genau auf die eigene innere Stimme zu lauschen. Der wahre Guru lebt in mir selbst.

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