Der Mann und seine Lust

Gedankenanstösse von Matthias Govinda zum Thema Männlichkeit exklusiv für Männer ...

Wir Männer beschäftigen uns mit unserer Lust. Und das tun wir schon seit wir geboren wurden. Allerdings tauchten im Laufe unserer Entwicklung einige Menschen auf -und das können sowohl Frauen als auch Männer gewesen sein- die uns der Natürlichkeit unseres lustvollen Spiels beraubt haben. Wir haben daraufhin begonnen uns in einem Rollenspiel zu üben, das wir jeder für sich heute mehr oder weniger perfekt beherrschen. Rollen, die aber letztendlich nur einen blassen Schimmer von dem widerspiegeln, was unser eigentliches männliches Potential ist.

Dazu kommt, dass viele von uns Männern heute selbst in den Rollen, für die sie ihr Leben lang fleissig geübt haben, verunsichert sind. Das hat möglicherweise etwas mit dem zu tun, was zeitlich paralell bei den Frauen geschehen ist. Die haben nämlich in den vergangenen Jahrzehnten eifrig an ihren eigenen Rollen gearbeitet, während wir Männer versucht haben, mehr oder weniger unser Gesicht zu wahren und dabei nicht aus der Rolle zu fallen, was uns aber nicht so recht geglückt ist. Keine unserer Rollen stimmt mehr so richtig. Der Typ Macho ist nicht mehr gefragt und mit dem sensiblen Allesversteher sind die Frauen auch nicht zufrieden. Und dabei haben wir uns doch so sehr darum bemüht herauszufinden, was die Frauen von uns erwarten! Das Ergebnis - Ratlosigkeit wie eh zuvor!

Vielleicht ist es für uns Männer an der Zeit, uns mehr mit dem zu beschäftigen, was ist. Und dazu gehört eine grundsächliche Tatsache die lautet: Das Universum ist weiblich. Diese Tatsache versuchen wir Männer seit einigen tausend Jahren zu verdrängen. Vielleicht ist es an der Zeit, der Realität in die Augen zu sehen und unsere Angst vor der Weiblichkeit zu überwinden. Die aus unserer Angst heraus von uns Männern erschaffenen und etablierten Machtstrukturen sind überholt. Gleichzeitig werden wir Männer gebraucht. Doch nicht so, wie wir bisher gedacht haben.

Worauf warten wir eigentlich? Wovor haben wir Angst?

Weiblichkeit als Grundsubstanz alles Lebens anzunehmen bedeutet jetzt nicht, uns an Forderungen von Frauen zu orientieren und möglicherweise sogar noch zu versuchen, diese zu erfüllen. Und es bedeutet schon gar nicht, klassisch als männlich verstandene Eigenschaften und Werte wie z.B. unsere Kraft oder Aggression, unsere Fähigkeiten zu planen und zu strukturieren zu verleugnen. Da gab es Missverständnisse in den vergangenen Jahrzehnten. Um dies mit einem Bild zu umschreiben: Brav und folgsam haben wir uns beim Pinkeln die Hose runtergezogen und uns auf die Toilette gesetzt. Wir haben nicht verstanden, dass diese Forderung der Frauen nur ein Test für uns war. Und bei dem wir ganz nebenbei versagt haben. Eigentlich wollten die Frauen doch nur wissen, ob wir wirkliche Männer sind. Und wirkliche Männer pinkeln im Stehen. Und wenn mal ein paar Spritzer danebengegangen sind wischen sie sie kurz auf und verdrücken sich nicht klammheimlich, um dies einer Frau zu überlassen. Aber wir haben uns hingesetzt und damit versagt. Und jetzt steht die Frage der Frauen im Raum, wo denn die Männer geblieben seien!? Ja, wo sind wir?

Angestrengte Versuche, Rollen und damit die Vorstellungen anderer (Frauen oder Männer) zu erfüllen, machen aus uns Männern Hampelmänner. Und Hampelmänner sind nun mal nicht männlich.

Auch die Männerbewegung der vergangenen Jahrzehnte -sollte es denn eine gegeben haben- war oftmals eine Reaktion auf Forderungen von Frauen und wir sind beim Thema Mann-Sein im Regen stehen geblieben. Wir haben uns in endlosen neuen Rollenspielen geübt und manche von uns können die Eigenschaften der vier männlichen Archetypen (Liebhaber, Krieger, König und Magier) heute vorwärts und rückwärts im Schlaf rezitieren. Um nicht falsch verstanden zu werden: Diese Rollenspiele sind wichtig, um in unserem Leben unterdrückte oder zu kurz gekommene Anteile erst einmal zu bestimmen und auf dieser Basis neue Fähigkeiten zu trainieren. Weiterhin sind Spiele wichtig, um das Spielen nicht zu vergessen. Denn viele von uns sind sehr ernst und haben das Spielen verlernt.

Doch Spiele und Verhaltenstraining können nur ein Teil dessen sein, uns als Männer neu zu definieren. Neben einem unabdingbaren Training unserer geistigen und körperlichen Fähigkeiten (z.B. durch Meditation, Yoga, Fitnesstraining und Kampfsport) werden wir kaum um eine Auseinandersetzung mit und unter uns Männern (und ohne die Anwesenheit von Frauen) mit allen sich in uns befindlichenen Kräften (Energien) herumkommen, um auf diese Weise unsere Männlichkeit zu stärken. Und dabei meine ich explizit auch eine Beschäftigung von Männern unter Männern mit unseren unteren Chakren und deren Verbindung mit unserem Herzen...

An dieser Stelle ist tantrische Männerarbeit gefragt und hier kann sie ansetzen. Mit eingezogenem Schwanz berauben wir uns des Kontakts zu und einer Integration der wichtigsten Quelle, die uns im eigentlichen Sinne zum Mann macht. Betrachten wir stolz unseren erigierten Lingam. Und nicht nur unter der Bettdecke ... Aber immerhin sind viele von uns im Schlaf ganze Männer. Nachts, wenn wir die Kontrolle über unseren Körper und damit unsere Rollenspiele aufgegeben haben, sind wir oftmals wesentlich präsenter als im Wachzustand. In jeder REM-Phase unseres Schlafes, ob der Traum nun erotische Inhalte hat oder nicht -und so lange es kein Albtraum ist- haben wir eine komplette Erektion. Wir sind komplett und präsent mit allen unseren Energiezentren. Unser Körper ist eine Einheit, die uns einen Hinweis darauf geben kann, wie es auch im Wachzustand sein könnte....

Bereiche unseres Körpers im Alltag nicht genügend Beachtung zu schenken bzw. aussen vor zu lassen ist in etwa so, wie in einem Haus mit vielen verschiedenen Zimmern, Balkonen, Terassen, Keller und Dachboden zu leben und sich dort gerade mal in Flur, Küche und Badezimmer auszukennen.

Unseren Körper zu (er)kennen und ihm vertrauen zu können stärkt unsere Manneskraft und die Kraft unserer Sexualität. Da dürfen wir uns heranwagen und uns Raum schaffen, gemeinsam mit anderen Männern. Lasst uns beginnen, gemeinsam die sich in uns befindlichen männlichen und weiblichen Anteile zu erforschen und zu stärken! Der uns im weiblichen Universum angedachte Platz ist eigentlich gar nicht so schlecht ...

(Kommentare erwünscht!)

Dieser Text ist wie auch alle anderen Texte auf dieser Webseite urheberrechtlich geschützt.

Mehr zu diesem Thema im Blog vom 26.09.2010: Erfüllte Sexualität als Mann leben